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TATİL KİTABI
(Summer Book)

  [Inhalt] [Biographie] [Credits] [über den Film] [Pressematerial] [Interview] [Trailer (engl.UT)]


















INHALT                                                                            -Summer Book

Mustafa ist ein ehrgeiziger Landwirtschaftskaufmann. Er arbeitet hart; seiner Familie gegenüber verhält er sich kalt und streng. Eines Tages erleidet er auf einer Dienstreise einen Gehirnschlag; nach der Operation fällt er ins Koma.
Seine Frau Güler hat den Verdacht, dass er eine Affäre hat. Ihr Sohn Veysel möchte die Militärakademie verlassen und Betriebswirtschaft studieren. Der zehnjährige Sohn Ali muss mit seinen Klassenkameraden fertig werden, die ihn drangsalieren, und sich um seinen Job kümmern, Kaugummis zu verkaufen.
Mustafas Bruder Hasan hat sich nach der Scheidung von seiner Frau für die Einsamkeit entschieden – er war schon immer der Außenseiter der Familie. Doch seitdem sein Bruder im Koma liegt, wird er verstärkt in die Angelegenheiten von dessen Familie mit einbezogen. Hasan muss das Geheimnis um die Geliebte seines Bruders lüften und obendrein das Geld wiederfinden, das sein Bruder auf seiner letzten Reise verloren hat.





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Credits                                                                           -Summer Book

Land: Türkei 2008. Produktion: Bulut Film, Istanbul.
Regie, Drehbuch:
Seyfi Teoman.
Kamera:
Arnau Valls Colomer.
Sound Design:Theron Patterson. Ton: İsmail Karadaş.
Art Direction: Nadide Argun. Schnitt: Çiçek Kahraman.
Produzenten: Yamaç Okur, Nadir Öperli.

Darsteller: Taner Birsel (Hasan), Ayten Tökün (Güler), Osman İnan (Mustafa), Harun Özüağ (Veysel), Tayfun Günay (Ali).

Format: 35mm, 1:1.85, Farbe. Länge: 92 Minuten, 24 Bilder/Sekunde.
Originalsprache:
Türkisch (mit dt. Untertiteln).
Uraufführung: 10. Februar 2008, Internationales Forum, Berlin.
Verleih: Arsenal – Institut für Film und Videokunst e.V.

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Biografie Seyfi Teoman                                                     -Seyfi Teoman

Seyfi Teoman wurde 1977 in Kayseri, Türkei geboren. Zunächst stu-
dierte er Wirtschaft an der Boğaziçi Universität in Istanbul. Im An-
schluss verbrachte er zwei Jahre in Łódz, wo er an der Polnischen
Filmschule Regie studierte. Sein erster Kurzfilm, Apartment, entstand
2004. TATIL KITABI ist sein erster abendfüllender Spielfilm.

Filme / Films
2004: Apartman (Apartment; 23 Min.).
2008: TATIL KITABI (SUMMER BOOK).


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Der Regisseur über seinen FilmSummer Book

TATIL KITABI ist ein Film über die Geschwindigkeit und den Rhythmus des Lebens in einer Kleinstadt in der Provinz. Der Film wurde in Silifke gedreht, einer Stadt ganz in der Nähe der Mittelmeerküste. Trotz landschaftlicher Schönheit und der wunderbaren geografischen Lage kommen nur wenige Touristen in diesen Ort, der so gar nicht dem Klischee der mediterranen Stadt mit ihren freundlichen, fröhlichen
Menschen entspricht.
Während ich das Drehbuch schrieb, musste ich ständig daran denken, wie sehr uns die Orte beeinflussen, an denen wir leben. Entweder akzeptieren wir diesen Umstand oder wir leugnen ihn – so oder so sind wir davon geprägt.
Mich interessiert das dramatische Potenzial der undramatischen Momente im Leben. Ich versuche, dramatische Ereignisse ganz ohne dramatisierende Elemente darzustellen. Atmosphäre und Stil des Films werden vom Zusammenspiel aus Totalen und Nahaufnahmen, Laiendarstellern und zurückgenommenem Spiel und natürlichem Licht bestimmt. Meiner Meinung nach sollte ein Film so unbestimmt sein wie das Leben.
Seyfi Teoman

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Interview mit dem Regisseur

Frage: Gibt es zwischen der Handlung des Films und Ihrem Leben
autobiografische Bezüge? Und gibt es Figuren in Ihrem Film, denen
Sie sich besonders nahe fühlen?
Seyfi Teoman: Der Film enthält viele Szenen und Details, die auf per-
sönlichen Erfahrungen beruhen, vor allem die Szenen, in denen es um
Kinder geht. Ich bin in einem ähnlichen Umfeld aufgewachsen, und
als ich klein war, gab es ähnliche Spannungen zwischen mir und mei-
nen Freunden bzw. zwischen mir und meiner Familie. Schon aufgrund
dieser Verbindung stehen mir der kleine Ali und sein jugendlicher
Bruder Veysel näher als andere Figuren des Films.

Frage: Zu Beginn des Films wird Alis Geschichte erzählt. Später ver-
schiebt sich die Perspektive, und die Geschichte konzentriert sich ab-
wechselnd auf Alis Bruder Veysel, Ali oder ihren Onkel Hasan. Wieso
haben Sie sich auf diese drei Figuren konzentriert?
S.T.: Mir scheint es interessanter, sich auf eine ganze Familie zu
konzentrieren als auf Einzelpersonen. Auf diese Weise kann man un-
terschiedliche Generationen gleichzeitig ins Blickfeld nehmen. Ali,
sein Bruder, der Onkel und sogar der Vater könnten ein und dieselbe
Person sein, jeweils zu einem anderen Zeitpunkt ihres Lebens. Man
könnte sogar ohne weiteres annehmen, dass alle Familienmitglieder
zusammengenommen für das Leben eines Mannes in einer Provinz-
stadt stehen.

Frage: Auch wenn der Vater Mustafa im Verlauf des Films nicht mehr
zu sehen ist, bleibt er doch sehr präsent. Warum spielt er eine derart
zentrale Rolle, obwohl er ab der Mitte des Films praktisch verschwun-
den ist?
S.T.: Es geht in der Geschichte um einen Vater, der sehr autoritär ist.
Die Macht einer autoritären Person hängt entscheidend davon ab, wie
stark ihr Einfluss auf andere ist, auch wenn sie physisch gar nicht
präsent ist. Ein wichtiges Thema meines Films ist die Möglichkeit oder
vielleicht der Wunsch, den Vater durch ein anderes Familienmitglied
zu ersetzen. Auch deshalb ist die Allgegenwart des Vaters so wichtig,
auch wenn er nicht oft zu sehen ist.

Frage: In Ihrem Film gibt es keine Musik. Sind sie grundsätzlich gegen
die Verwendung von Musik im Film? Wieso haben Sie auf Musik ver-
zichtet?
S.T.: Ich bin nicht generell gegen Musik im Film, ich werde nur immer
misstrauisch, wenn ich Filmmusik höre. Es gibt selbstverständlich Bei-
spiele für sehr gelungene Filmkompositionen, aber nicht viele. Meis-
tens gefällt mir die Filmmusik nicht. Dem Regisseur stehen in der Pro-
duktionsphase zahlreiche ansprechende Hilfsmittel zur Verfügung, mit
denen er spielen kann; Musik ist das vielseitigste dieser Hilfsmittel.
Ich denke aber, dass es beim Regieführen vor allem darum geht, sich
zu beschränken, sich auf die Essenz dessen, was man ausdrücken will,
zu konzentrieren. Ich habe mich nie bewusst gegen Musik ausgespro-
chen. Vielmehr war es so, dass ich nie über Musik im Zusammenhang
mit meinem Film nachgedacht habe und auch nie das Gefühl hatte,
dass er Musik benötigt.

Frage: Es gibt viele Szenen in Ihrem Film, die die Figuren beim Au-
tofahren oder aber beim Zufußgehen zeigen. Was ist der Grund für
diese Häufung?
S.T.: Damit wollte ich ein Gefühl von Geschwindigkeit und Rhythmus
erzeugen. Für mich bedeutet eine Figur, die in einem Film Auto fährt
oder zu Fuß geht, weit mehr als nur das, was man auf den ersten
Blick sieht. Diese Figuren stehen nicht still, sie haben jeweils einen
ganz bestimmten Grund, sich zu bewegen. Auch die Umgebung, in
der sie sich bewegen, spielt eine wichtige Rolle. Die Figur wird in
dieser Umgebung verortet, was sehr wichtig ist, um eine bestimmte
Stimmung zu erzeugen. Solche Szenen sind viel aussagekräftiger als
viele Dialogszenen.

Frage: Geld ist der Auslöser für zwei besondere Spannungsmomente
des Films. Zum einen muss Veysel der Militärakademie eine Ablöse-
summe zahlen, um seine Ausbildung dort abbrechen zu können, zum
anderen wird nach dem Geld gesucht, das im Auto verschwunden ist.
Wieso benutzen Sie das Thema Geld als Spannungselement?
S.T.: Die Hauptfiguren des Films führen ein bescheidenes Leben in
einer kleinen Stadt. Sie arbeiten hart, und Geld spielt eine wichtige
Rolle in ihrem Leben. Unter diesen Umständen führt alles, was mit
Geld zu tun hat, unweigerlich zu Spannungen. Geld und Besitz sind
zwei Bereiche, die man nicht außer Acht lassen kann, wenn man einen
Film dreht, der in der Provinz spielt und in dessen Mittelpunkt ein
Vater steht, der Kaufmann ist.

Frage: Onkel Hasan, der zu Beginn des Films seinen Neffen Veysel un-
terstützt und als Idealist eingeführt wird, erweist sich im Verlauf des
Films und nach dem Verschwinden des Vaters als wahrer Konformist.
Wieso wechselt er die Seiten?
S.T.: Onkel Hasan hat einen schwachen Charakter und ist von Anfang
an ein Konformist. Im Grunde genommen ist er ein typischer Verlierer.
In Situationen, in denen er keine Verantwortung tragen muss und kein
Druck auf ihm lastet, erscheint er als Idealist. Als er jedoch den Part
des Ersatzvaters übernehmen muss, passt er sich einfach an. Wenn
man Entscheidungen treffen muss, ist Konformismus der leichteste
Weg. Da Hasan von Natur aus ein schwacher Mensch ist, geht er den
Weg des geringsten Widerstands.

Frage: Man ist überrascht zu sehen, dass es unter den Einwohnern der
Kleinstadt nicht mehr freundschaftliche Beziehungen gibt. Im Film
sprechen fast nur die Familienmitglieder miteinander. Fremde spie-
len nur eine unbedeutende Rolle, was die Protagonisten isoliert und
einsam erscheinen lässt. Sie erinnern an Großstädter. In dem Film
geht es immer wieder um den Gegensatz zwischen dem Leben in der
Großstadt und dem in der Provinz.
S.T.: Die Vermutung, ein Leben auf dem Land würde das Entstehen
von Freundschaften begünstigen, ist ein Klischee. Es gibt keine Stadt,
in der nur exzentrische, fröhliche und warmherzige Menschen leben.
Junge Menschen können sich in Kleinstädten ebenso einsam fühlen
wie Menschen in Großstädten. Zum Teil ist das Gefühl von Einsamkeit
dort sogar noch stärker, weil sie den Eindruck haben, Außenseiter zu
sein, und keine Möglichkeit bekommen, ein anderes Leben zu führen.
Darüber hinaus soll der Film vor allem die Berührungspunkte zwischen
den Hauptpersonen des Films zeigen. Alles andere soll sich in den
Köpfen der Zuschauer abspielen.


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