Bamako
Die
bildhübsche Melé arbeitet als Sängerin in einer Bar, ihr Mann Chaka ist
arbeitslos. Im Hof ihres Hauses in Malis Hauptstadt Bamako, wo sie
zusammen mit anderen Familien leben, installiert sich ein Gericht.
Vertreter der afrikanischen Bevölkerung haben einen Prozess angestrebt
gegen den Internationalen Währungsfonds und die Weltbank, weil sie
diese zur Rechenschaft ziehen wollen, für das, was auf dem
afrikanischen Kontinent schiefläuft. Der Wohnhof wird also gleichzeitig
Gerichtshof, und während Anklagende, Zeugen und Verteidiger ihre
Standpunkte vertreten, spielt das Leben munter weiter, als wäre da gar
nichts Besonderes. Und damit wird aus dem vollen afrikanischen Leben
heraus darüber debattiert, wie die nördliche Welt mit der südlichen
umgeht und erhält ein ernsthaftes und interessantes Thema eine
unterhaltsame Form der Vermittlung. Ein spannender Film zur Zeit und
ein gewitztes Lehrstück nicht nur in Bezug auf Afrika.
Was für
eine grossartige Idee: Abderrahmane Sissako lädt uns ein in Malis
farbenfrohe Hauptstadt Bamako, wo er im Hof des väterlichen Hauses eine
Gerichtsverhandlung in Szene setzt, in jenem Hof, in dem er selber
seine Jugend verbracht hat. Doch keine Angst, das ist alles andere als
trockene Faktenaufzählung: Spannungsgeladen präsentiert sich die hier
in Szene gesetzte Ver-handlung gegen die Weltbank und den
Internationalen Währungsfonds, die ja eigentlich da wären, ausgleichend
im Weltmarkt zu wirken. Munter läuft während der Gerichtsverhandlung im
Hof das Leben weiter. Die geniale Idee von Sissako war es, Gericht zu
halten im Alltag, denn aus ihm heraus wird so vieles, was diskutiert
wird, ganz beiläufig sichtbar, wahrnehmbar, erkennbar. Und darüber
hinaus spielt der Alltag aufs Unterhaltsamste seine Streiche. Natürlich
schweift Sissakos Blick immer wieder ab, widmet er sein Interesse
Randfiguren im globalen Game, um die Widerwärtigkeit der nördlichen
Arroganz umso sichtbarer zu machen oder der Fiktion des
US-amerikanischen Westerns mit Danny Glover und Elia Suleiman als
Shooting Stars. Wenn die Welt heute voller Wunden ist, dann
aufgrund einer langen Geschichte, die gerne vergessengeht, wenn man das
Heute betrachtet. Abderrahmane Sissako führt uns dies am Beispiel
Afrikas im Innenhof seines Hauses vor Augen und vor Ohren. Er ist auch
ein hochsensibler Porträtist. Luzid sind die Auseinandersetzungen und
Äusserungen, real existierendend erfundene Figuren spielen ineinander
über und miteinander, um von dem zu reden, was ist. Und von dem, was
sein könnte. Zu Letzterem freilich würde so etwas wie Bewusstsein
gehören, nicht nur ein Bewusstsein fürs Eigene sondern eben auch eines
fürs Andere, für die Existenz des Anderen. Bamako ist für mich der
dringlichste Film zur Zeit: Stiller Aufschrei, luzide Einsicht,
unterhaltsam und besinnlich in einem. Über 200'000 Zuschauerinnen hat
der Film in Frankreich bereits begeistert. Walter Ruggle
Mali, Fra. 2006,
115'
frz/bambara OmU
B+R.: Abderrahmane
Sissako
D.: Aissa Maiga,
Hélène Traoré, Haméye Mahalmadane, William Bourdon, Danny Glover
auch von A. Sissako:
Warten auf das Glück
(Heremakono)
Verleihwebseite