Eine Filmreihe im fsk Kino zur Ausstellung des RealismusStudios
der Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst,
Oranienstr. 25, 10999 Berlin-Kreuzberg, Tel. 030/615 30 31
Yoko Ono muss nicht vorgestellt werden oder vielleicht doch. Denn
ihr bedeutender Einfluß auf die amerikanische und internationale
Fluxusbewegung in den 60er Jahren wird heute kaum erwähnt.
Die Ausstellung macht mit dem filmischen Werk Yoko Onos bekannt, das
in einer Zeit seinen Anfang nahm, als Yoko Ono aktiv und pionierhaft an
der Fluxusbewegung in der Kunst der 60er Jahre teilhatte. Aus den Instructions
for Films (1964 68) und den Film Scores(1968),
bei denen es sich um zu lesenden Handlungs- und Beobachtungsanleitungen
handelt, welche sich nur im Kopf des Lesers/Betrachters als filmische
Erfahrung von Wahrnehmung erschließen sollten, entwickelte sie tatsächliche
16mm-Filme, die in ihrer Radikalität auch heute noch tief beeindruckend
sind. Bei Fly (1971) beispielsweise handelt es sich um die 25-minütige
Exploration des weiblichen Körpers durch eine Fliege, die wiederum
in Makrotechnik von einer Kamera verfolgt wird. Die öffentliche Aufführung
von No.4 Bottoms, (1966) geriet zum Skandal und der Film wurde
in Grossbritannien zunächst verboten. Die Aneinanderreihung nackter
häufig männlicher Hinterteile stellte die Dominanz
des männlichen Blicks und damit die Dominanz des Mannes humorvoll
in Frage und konterte tradierte Rollenklischees: Der Mann als Objekt,
die Frau in der Position der auf Sexualität fixierten Zuschauerin.
Yoko Onos Filme handeln zu gleichen Teilen von materiellen und sozialen
Beklemmungen und huldigen nie bloß einem ihr häufig
vorgeworfenen ätherischen Utopismus , dies lässt sich
gut an Rape (1969) ablesen. Die Abwehrgesten der 77 Minuten lang von einem
Kamerateam verfolgten Frau erschöpfen sich darin kraftlos im immer
hohler werdenden Satz »So lassen Sie mich doch in Ruhe!«,
während umgekehrt der strukturelle Voyeurismus des (männlichen)
Blicks seine stupide Belästigung um nichts als seiner selbst willen
perpetuiert. Cut Piece etwa (1964) ist die Dokumentation einer frühen,
mehrfach aufgeführten Fluxus-Aktion, bei der das Publikum aufgefordert
war, ein Stück von Yoko Onos Kleidung abzuschneiden ein physisches
Sich-Ausliefern, das am Ende, wenn sie nur noch spärlich bedeckt
auf der Bühne sitzt, in den nicht geringeren Horror des »bloßen«
Blickobjekt-Seins umschlägt. Der Ein-Minuten-Film Freedom (1970),
in dem sie fortwährend versucht, ihren BH zu zerreißen kann
als ein minimalistischer körperlicher Ausbruchsversuch aus der sozial
verordneten Rolle gelesen werden.
Yoko Ono wurde 1933 in Tokyo geboren und lebt in New York. Ihre grosse
Retrospektive YES YOKO ONO, die ihren Ausgang in New York 2000 nahm wird
in diesem Juni in Seoul eröffnet.
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Pressematerial: www.kinopresseservice.de
Die Filme:
19. Juni 18 Uhr
Cut Piece
Performance von Yoko Ono 1965 (film by Albert and David Maysles;
Performance-Dokumentation) ca. 30 min
Rape
mit John Lennon, 1969, Farbe, Ton, 77 min
Die Idee zu Rape stammte aus einem von Onos Filmdrehbüchern aus
dem Jahr 1964: Ein Kameramann verfolgt hartnäckig ein Mädchen
auf der Straße, bis er sie in einer Sackgasse in die Enge treibt
und sie, wenn möglich, stürzt. Der Film wurde im November
1968, als Ono nach einer Fehlgeburt im Krankenahus war, von ihrem Kameramann
Nic Knowland aufgenommen. Die 21jährige Eva Majlath ist das unglückliche
Opfer der Kameraangriffe. Auf einem Friedhof in London aufgegabelt,
wird sie zwei Tage lang gnadenlos verfolgt; die junge Frau spricht kein
Wort Englisch und wird bei ihren Versuchen, mit dem Filmemacher zu kommunizieren
oder ihm zu entkommen, immer hektischer. Als Statement über das
Eindringen in die Privatsphäre und die Medien, die Prominente unablässig
verfolgen, scheint der Film rückblickend gesehen
das spätere Leben von Lennon und Ono in der Öffentlichkeit
prophetisch zu beleuchten.
20. Juni 18 Uhr
Film No. 1 (Match), 1966 (Yoko Ono) -- 5 min
Film No.4 (Bottoms)
1966, s/w, Ton, 80 min
Das ursprüngliche Ziel des Kunstprojekts war es, für den Frieden
365 Hinterteile als ziellose Petition, unterzeichnet von den Ärschen
der Petenten zu zeigen. Bereitwillige wurden durch Mundpropaganda
in der Avantgardeszene und auch per Inserat über Londoner Zeitungen
gesucht, was die Produktion sofort berüchtigt machte. Die Tonfilmspur
bestand vor allem aus Kommentaren über den Film, meist von denen,
die darin auftraten, und bildet einen schrägen Kontrapunkt zu den
Bildern. Als der Filmschnitt fertiggestellt war, wurde dem Film von
der britischen Filmzensur die Vorführgenehmigung verweigert.
Einige Monate später ging der Film dann doch durch und wurde mit
großem Erfolg in einem Kino an der Charing Cross Road gezeigt.
21. Juni 18 Uhr
Erection (John Lennon) -- 20 min
Apotheosis, 1970 (Yoko Ono, John Lennon) -- 18:30 min
Imagine, 1971 (Yoko Ono, John Lennon) -- 70 min
22. Juni 17Uhr
Fluxus Collective
Flux Film Anthology,
1966 zusammengestellt von George Maciunas (verschiedene Künstler,
mit Filmen von Yoko Ono)
Courtesy of the Gilbert and Lila Silverman Fluxus Collection, Detroit
ca. 150 min
23. Juni 18 Uhr
Freedom, 1970 (Yoko Ono) -- 1 min
Film No. 5
1968, Farbe, Ton, 51min
Ono bediente sich ihrer früheren filmischen Erfahrungen als Mitglied
der Fluxus-Gruppe, als sie die Idee für einen Film hatte, der das Lächeln
aller Menschen auf der Welt beinhalten sollte. In der Erkenntnis, dass
dieses Unterfangen unmöglich in die Tat umzusetzen war, beschloss sie
alles Lächeln der Welt in einem Menschen, John Lennon, zu personifizieren.
Sie arbeitete mit einer Highspeed-Kamera und nahm Lennons Gesicht in
seinem Garten in Kenwood auf. Auf einen Bruchteil der normalen Geschwindigkeit
verringert und nur mit den Umgebungsgeräuschen unterlegt, ist sein Lächeln
unvergesslich und rätselhaft. Ono verglich die Erfahrung des Films mit
einem Acid-Trip. Zur Premiere beim Chicago Film Festival 1969 drängten
Ono und Lennon das Publikum, eigene Musikinstrumente mitzubringen und
die Vorführugng zu begleiten.
Fly
1970, Farbe, Ton, 25 min
„Ein Bilderwitz in einer Zeitung inspirierte mich dazu. Da steht eine
Frau in einem tiefausgeschnittenen Kleid, und ein Mann sieht sie an,
und die Frau dieses Mannes fragt: ‚Wohin schaust du?‘ und er sagt: ‚Och,
auf die Fliege, die auf ihr sitzt.‘ Ich wollte, dass der Film eine Erfahrung
ist, bei der man sich andauernd fragt: ‚Vefolge ich jetzt die Bewegungen
der Fliege oder schaue ich auf den Körper?‘ Ich glaube das Leben ist
voll von solchen Sachen. Wir machen uns ständig darüber, was wir wirklich
sehen, etwas vor.“ Yoko Ono
24. Juni 18 Uhr
Yoko Ono Interview mit Kate Pierson, 1992
Video Trilogy (Times Square Videos)
A Blueprint for the Sunrise, 2000 (The Paths, Are you Looking for
Me? It s Time for Action), 28 min
Yoko Ono Music Videos (Walking on Thin Ice, Goodbye Sadness, Hell
in Paradise, u. a.)
25.6.: 18Uhr
Wiederholung vom 19.6.
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