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Host & Guest

Host & Guest

[Inhalt] [Biographie] [Credits] [über den Film] [Interview] [Pressematerial]





















INHALTHost & Guest

Ho-jun, ein Universitätsdozent für Filmwissenschaft mit einer Teilzeitstelle, ist geschieden und musste das Sorgerecht für den gemeinsamen Sohn an seine Exfrau abgeben. Weil seine Bewerbungen um eine Professur mehrfach abgelehnt werden, fällt er in tiefe Depressionen.
Eines Tages, Ho-jun masturbiert gerade, klingelt Gye-Sang an der Tür, ein Angehöriger der Zeugen Jehovas, der zur Zeit selbst einige Probleme hat: Er ist Wehrdienstverweigerer aufgrund seiner religiösen Überzeugungen. Als Reaktion auf den ungebetenen Besuch lässt Ho-Jun seinen Frust an dem erschrockenen Gye-Sang aus. Später jedoch freunden die beiden sich miteinander an – unter anderem, weil Gye-Sang Ho-Jun rettet, als dieser sich versehentlich in seinem Badezimmer eingeschlossen hat. Am Ende dieser Geschichte über die Beziehung zwischen dem abgestumpften Ho-Jun und dem streng gläubigen Gye-Sang muss Letzterer ins Gefängnis, weil er den Wehrdienst verweigert, während Ho-Jun sein Leben allmählich wieder in den Griff bekommt.


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CreditsHost & Guest

Bangmunja
Regie:
Shin Dong-il
Land: Republik Korea 2005. Produktion: LJ Film, Seoul. Buch, 
Kamera: Park Joo-han. Ausstattung: Jung Hyo-young. Kostüme: Yoon Tae-ryun. Ton: Kim Su-hyun. Schnitt: Moon In-dae. Produzenten: Lee Seung-jae, Lim Jae-cheol, Shin Dong-il
.
Darsteller: Kim Jae-rok (Ho-jun), Kang Ji-hwan (Gye-sang).

Format: 35mm, 1:1.85, Farbe. Länge: 92 Minuten, 24 Bilder/Sekunde. Originalsprache: Koreanisch. Uraufführung: 9. Oktober 2005,
Internationales Filmfestival Pusan.
Verleih: Arsenal - Institut für Film und Videokunst e.V.

Pressematerial www.kinopresseservice.de  


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BiografieHost & Guest

Shin Dong-il wurde am 29. Oktober 1968 in Seoul geboren. Nach einem Germanistikstudium an der dortigen Universität wechselte er an die Koreanische Filmakademie, wo er Regie studierte. Seither drehte er mehrere Kurzfilme, darunter The Holy Family (2001). HOST & GUEST ist sein erster abendfüllender Spielfilm. Sein neuster Film ist My Friend & His Wife.


Filme

1993: Even You (Kurzfilm, 7 Min.). 1994: I, In My Memory (Kurzfilm, 15 Min.). 2001: The Holy Family (Kurzfilm, 12 Min.). 2005: HOST & GUEST.

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Über den FilmHost & Guest

Eine Zwei-Personen-Geschichte zwischen einem unfreundlichen Skeptiker und einem jungen Evangelikalen – das klingt nicht wirklich sexy, aber mit seinem Debütfilm HOST & GUEST ist dem Autor und Regisseur Shin Dong-il ein tiefgründiges, witziges und faszinierendes Juwel geglückt. (...) An einem grauen Wintermorgen wacht in einem Vorort von Seoul der ständig schlecht gelaunte Filmdozent Ho-jun auf. Das Telefon klingelt, es ist ein obszöner Anruf; er versucht zu masturbieren und schickt entsprechend schroff zwei Zeugen Jehovas fort, die plötzlich an der Haustür klingeln. Die Bezeichnung ‘sozial unverträglich‘ beschreibt Ho-jun nur unvollständig. Nach seiner Vorstellung kommt man mit einer Frau – wie beispielsweise der Angestellten in seinem Supermarkt – am besten in Kontakt, indem man ihr anbietet, ihr eine DVD von Fassbinders Angst essen Seele auf zu leihen. Als er nackt in seinem Badezimmer eingeschlossen ist, weil der Türgriff klemmt, ist seine größte Angst die, dass er sterben könnte, ohne jemals einen eigenen Film gedreht zu haben, und dass er eine Vorführung des türkischen Films Uzak verpassen könnte. Glücklicherweise kommt da einer der beiden Zeugen Jehovas, Gye-sang, zurück und rettet ihn. Als Ho-jun sich bedanken will, meint Gye-sang, er solle Gott danken. (...) Eine vorsichtige Freundschaft entwickelt sich zwischen den beiden einsamen Seelen: dem jungen, idealistischen Gläubigen Gye-sang und dem zynischen Faulenzer mittleren Alters Ho-jun. Zusammen sehen sie sich Uzak an und besuchen anschließend Gye-sangs Mutter auf dem Land. Dort prüft Ho-jun auf einem langen Spaziergang die Festigkeit von Gye-sangs Glauben. Die Kombination der beiden herausragenden Hauptdarsteller mit Dialogen, die mühelos von großen Themen zu Alltäglichkeiten wechseln, machen HOST & GUEST zu einem leisen und berührenden Kinoerlebnis. Die Themen des Films sind nicht unbedingt originell – im Grunde geht es um den Konflikt zwischen einer eher praktisch und einer eher theoretisch ausgerichteten Haltung dem Leben gegenüber –, aber sie werden hier mit Humor, Ironie und Subtilität dargestellt, ohne Effekthascherei. Und dank Ho-jun, der eine wachsende Neigung zu manischen Ausbrüchen an den Tag legt (eingeschlossen eine sehr lustige Szene in einem Taxi mit einem Kommunisten hassenden Anhänger von George W.), bietet der Film genügend emotionales Auf und Ab, um das Interesse des Zuschauers wachzuhalten. Am Ende hat keiner der beiden Männer die Überzeugungen des anderen verändert. Aber beide sind sich auf subtile Art und Weise näher gekommen, und die Coda zeigt, dass beide von der Stärke des anderen profitieren, um ihre jeweils andere Sicht auf das Leben zu rechtfertigen. Hinsichtlich seiner technischen Details ist der Films bescheiden,aber professionell.
Derek Elley, in: Variety, New York, 19.–24. Dezember 2005

                                                                       
(...) Ho-jun (Kim Jae-rok, der bisher in kleineren Rollen zu sehen war, unter anderem in Christmas In August (Hur Jin-ho, 1998) und in A Hot Roof (Lee Ming-yon, 1996) (...) neigt zu Wutausbrüchen, weshalb er zwangsläufig seinem Gegenteil begegnen muss, dem unfassbar verständnisvollen Gye-sang (gespielt von Kang Ji-hwan, der seine Laufbahn als Musical-Darsteller mit erfolgreichen Auftritten 2002 in der Rocky Horror Picture Show und 2004 als Danny in Grease begann; seither war er in Fernsehfilmen wie The Last Dance With Me zu sehen),  
einem Zeugen Jehovas, der in einer völlig unwahrscheinlichen Szene ein zweites Mal an Ho-juns Tür kommt und diesen davor bewahrt, nackt in seinem eigenen Badezimmer eingeschlossen zu bleiben (...). Ho-jun und Gye-sang, die beide auf der Suche nach etwas Größerem jenseits ihrer menschlichen Existenz sind, werden zwangsläufig Freunde; wir werden mehrfach Zeuge von Ho-juns Wut auf die Welt, die einhergeht mit einer elitären Grundhaltung (...). Der Film entwickelt sich zu einer Abhandlung über Themen wie Familie, Glaube, Nationalismus, Krieg und Film – und jedes einzelne dieser Themen habe ich goutiert (...).
Der Film zeigt eine Reihe wunderbarer Bilder, zum Beispiel diese weiße Aura, die bestimmte Figuren oder auch die Fensterscheiben am Anfang umgibt. (...) Es ist interessant, wie die beiden Hauptfiguren einander ständig verfehlen und doch die ganze Zeit zusammen sein wollen, trotz ihrer Meinungsverschiedenheiten in ethischen Fragen. Es stellt sich heraus, dass Ho-jun mehr von Gye-sang lernen kann als umgekehrt, aber nichtsdestotrotz erreichen sie einander auf ihre jeweils ganz eigene Art. Die beiden Hauptdarsteller Kim und Kang liefern eine hervorragende schauspielerische Leistung ab; besonders berührend ist Gye-sangs wunderbar temperierte und ausbalancierte Rede am Ende des Films. Kang und Shin geben zwei sehr sympathische Zeugen Jehovas ab, ohne dabei zu moralisierend zu werden.
Hintergrund des Films ist die Rezession, die Südkorea erlebte, als der Film gedreht wurde. Ho-jun hadert mit seiner Männlichkeit und seinen Ansprüchen sowie seinen damit einhergehenden asozialen Tendenzen, die sein haltloses Abtauchen in das Medium Film noch begünstigen.      
Eine beeindruckende Szene des Films spielt in einem Multiplex-Kino, in dem ausgerechnet ein düsterer türkischer Film läuft – wodurch Ho-juns Versuch, sich von seiner ökonomischen Zwangslage abzulenken, scheitert und er sich noch erbärmlicher fühlt. Er verprügelt den Kinoleiter mit der Begründung, dass dieser nicht genug Off-Filme in seinem Programm zeigen würde – obgleich das ja nicht stimmt. Das Kino, aus dem er hinausgeworfen wird, ist bis auf den letzten Platz besetzt, und das ist auch einer der Gründe für seinen Rauswurf: Er hat nämlich versucht, sich auf einen besseren Platz zu mogeln (in südkoreanischen Kinos muss man sich auf die Plätze setzen, die auf den Eintrittskarten verzeichnet sind). Ho-jun ist sich eindeutig selbst der schlimmste Feind.                                                  
Er ist allerdings nicht der einzige Feind in diesem Film. Immer wieder tauchen Bilder des amerikanischen Präsidenten George W. Bush auf, durch die dieser lächerlich gemacht wird. Die Arroganz und sture Ignoranz von Bush dem Zweiten, durch die so viel Unglück und Chaos in unserer Welt entstanden ist, wird parallel gesetzt zu der wachsenden Bedeutung, die der konservative Nationalismus und das Christentum in Südkorea erlangt haben – Geisteshaltungen, die den Menschen Schutz gewähren vor Dingen wie dem aus vorgeschobenen Gründen begonnenen Irak-Krieg. Ho-jun ist ebenso bereit, Bilder vom südkoreanischen Nationalismus zu verunstalten wie Bilder von Bush II.
So sehr diese Demütigungen aus der Ferne ihm Linderung für sein verletztes Selbst- und Weltbild verschaffen, so sind sie doch – das lernt Ho-jun von Gye-sang – weit entfernt von der Haltung, die wir einnehmen müssen, wenn wir zur Rechenschaft gezogen werden. HOST & GUEST ist voll von religiösem Symbolismus, ohne dabei aber zu didaktisch zu werden – falls er ein zweites Mal an meine Tür klopft, werde ich ihn hereinlassen.
Adam Hartzell, in: Korean Movie Reviews for 2005, www.koreanfilm.org

Interview mit dem RegisseurHost & Guest

Frage: Der Titel HOST & GUEST erlaubt eine gewisse Interpretation der Beziehung, die die beiden Hauptfiguren des Films haben. Können Sie etwas näher darauf eingehen?
Shin Dong-il:
Zu Beginn ist Gye-sang für Ho-Jun ein ungebetener Gast. Erst allmählich öffnet er sich ihm gegenüber – während Gye-sang sich bemüht, die psychologischen Barrieren zwischen den beiden abzubauen. Später verändert sich die Beziehung der beiden, denn dann ist Gye-sang tatsächlich Ho-Juns Gast. In der letzten Szene (...) versuchen beide Protagonisten, ‘Gäste‘ in ihrem eigenen Leben wie auch in ihrer Beziehung zueinander zu werden.

Frage: Wie sind Sie darauf gekommen, solch diametral verschiedene Charaktere zu beobachten?
S.D.-i.: Mittels der Figur des Ho-Jun wollte ich die Eitelkeit der Intellektuellen aufzeigen. Gleichzeitig war das auch ein Prozess der Selbstreflexion und Selbstkritik für mich. Gye-sang ist ein Vehikel, um Vorurteile und Intoleranz gegenüber religiösen Abweichlern in Korea aufzuzeigen. Während der Dreharbeiten zu HOST & GUEST lernte ich die Zeugen Jehovas kennen; das war eine wichtige Erfahrung für mich, die mir half, meine eigenen Vorurteile und meine Intoleranz gegenüber Minderheiten und Andersdenkenden zu überwinden.

Frage: Obwohl der Film ein ernsthaftes Thema behandelt, gibt es doch auch viel Humor und Witz darin. Schwebte Ihnen ein gewisser Stil vor, als Sie den Film drehten?
S.D.-i.: Während der Produktion konnte ich mir den Luxus nicht leisten, über einen bestimmten Stil nachzudenken, da das Budget sehr klein war. Ich mag Humor, wenn er natürlich ist. Ich neige dazu, schwierige und sensible Themen in ironischer Form darzustellen. Die Protagonisten habe ich absichtlich mit Distanz geschildert, um objektiv zu bleiben. Um Zeit und Raum zu definieren, wählte ich statt vieler kurzer Einstellungen lange und Panoramaeinstellungen; dadurch lassen sich die Situation und auch die psychischen Eigenheiten der
Figuren objektiver beobachten.

Frage: In Ihrem Film geht es offensichtlich in erster Linie um die Konflikte, die sich aus unterschiedlichen Wertvorstellungen ergeben. Gibt es eine Versöhnung zwischen den beiden Hauptfiguren?
S.D.-i.:
Ich glaube, Versöhnung ist nicht das richtige Wort. Mir ging es mehr darum zu zeigen, dass Kommunikation, die Akzeptanz Andersdenkender und eine gewisse Selbstbesinnung dazu beitragen können, die Welt ein wenig zu verbessern.

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